Der Bundestag hat am 11.04.2008 das Gesetz zum Schutz geistigen Eigentums verabschiedet. Die Änderungen im Urheberrecht treten zum 01.09.2008 in Kraft.
Das Gesetz soll grundsätzlich den Schutz vor Urheberrechtsverletzungen verbessern. Jedoch hat der Gesetzgeber verkannt, dass gerade im Bereich der Urheberrechtsverletzungen im Internet sogenannte Abmahn-Kanzleien ihr Unwesen treiben.
Insbesondere im Zusammenhang mit sogenannten Tauschbörsen (Peer-to-Peer; P2P) oder im Bereich der Online-Handelsplattform e-bay treten momentan massiv Rechtsanwaltskanzleien auf und mahnen Verletzer ab. Vorgeworfen wird den Beteiligten insbesondere die Zurverfügungstellung urheberrechtlich geschützter Musik-, Film- oder Softwarewerke auf sogenannten Filesharing-Webseiten oder aber der Verkauf von Plagiaten.
Teilweise werden die Eltern als Inhaber des Telefon- oder Internetanschlusses ebenfalls als Störer in Anspruch genommen.
Die ertappten Verletzer werden abgemahnt und aufgefordert, dass Verhalten umgehend einzustellen. Es wird eine Klage oder ein Antrag auf einstweilige Verfügung angedroht. Nur für den Fall, dass eine beigefügte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wird ist die Angelegenheit schnell zu beenden. Die strafbewehrte Unterlassungserklärung beinhaltet natürlich auch die Übernahme der Kosten für die abmahnenden Rechtsanwälte. Dies ist oft mit immensen Kosten verbunden, zusätzlich wird durch die strafbewehrte Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung festgelegt.
Die Gebühren des Rechtsanwaltes richten sich grundsätzlich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und bemessen sich nach dem Gegenstandswert. In den Fällen der Urheberrechtsverletzung ist es gängige Rechtsprechung, dass z.B. pro zur Verfügung gestelltem Titel ein Streitwert von 10.000 € als angemessen angesehen werden kann. Multipliziert mit den heruntergeladenen oder zur Verfügung gestellten Musikstücken kommen oftmals 5 bis 6-stellige Gegenstandswerte zusammen.
Im Bereich des Handels mit Plagiaten werden teilweise Streitwerte zwischen 50.000 € und 250.000 € im Raum stehen.
Der Bundestag hat nunmehr beschlossen, dass für einfach gelagerte Sachverhalte die Abmahngebühren nur noch maximal 100 € betragen dürfen. Es kann angezweifelt werden, dass sich die Abmahnanwälte an diese Vorgaben halten werden. Insbesondere wird befürchtet, dass nun jeder Fall nicht mehr einfach gelagert sondern erhebliche tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten beinhaltet. Zudem wird wohl eine Verlagerung der Beträge auf erstattungsfähige Ermittlungsgebühren erfolgen.
Eine weitere Neuerung ist nunmehr der Direktanspruch auf Auskunft. Der Verletzte bzw. dessen Rechtsanwälte können nunmehr vom Access-Provider direkt Auskunft verlangen, wem eine IP-Adresse durch den Provider zu einer gewissen Zeit zugeweisen wurde. Damit kann nachvollzogen werden wer im Peer-to-Peer-Network wann was gemacht hat. Darüber lassen sich sehr einfach Name und Adresse des Verletzers herausfinden, so dass eine Rechtsverfolgung durch Abmahnung oder später folgendem Gerichtsprozess erfolgen kann.
Bisher haben die Rechteinhaber und deren Rechtsanwälte Strafanzeige gegen Unbekannt stellen müssen und die Staatsanwaltschaft bzw. die Kriminalpolizei ermittelte dann beim Access-Provider die entsprechenden Namen. Da die Aufbewahrungsfristen der mit den IP-Adressen verbundenen Namen der Nutzer nur relativ kurz sind und Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei oftmals anderes zu tun haben, gingen solche Anfragen bislang oftmals ins Leere. Zudem sperren sich die Staatsanwaltschaften zunehmend für die Rechtsanwälte diese Tätigkeit zu unternehmen. Dem Vernehmen nach werden durch die Staatsanwaltschaften nur noch „erhebliche“ Straftaten verfolgt.
Nunmehr besteht der direkte Anspruch, der notfalls auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor Gericht durchgesetzt werden kann.
Damit werden sich die Access-Provider ebenso wie die Filesharing-Nutzer auseinandersetzen müssen.
Im Einzelfall sollten Abgemahnte unbedingt einen spezialisierten Rechtsanwalt aufsuchen. Diesen umfassend über den Sachverhalt aufklären und sodann das weitere Vorgehen beratschlagen. Das Verstreichen lassen der gesetzten Frist sollte unbedingt vermieden werden. Dies führt in den von uns betreuten Fällen in der Regel dazu, dass die Abgemahnten sich mit einem Gerichtsverfahren konfrontiert sehen. Dies wiederum ist mit erheblichen Kosten verbunden, sofern der Abgemahnte nicht im Recht ist.
Ebenfalls kann generell davon abgeraten werden, die angefügten strafbewehrten Unterlassungserklärungen zu unterzeichnen. Diese räumen dem Urheber bzw. dessen Rechtsanwälten Rechte ein, die in der Form nicht unbedingt gegeben sind. Es ist grundsätzlich Sache des Verletzers eine geeignete strafbewehrte Unterlassungserklärung hereinzugeben. Auch hierbei kann Ihnen eine spezialisierter Rechtsanwalt behilflich sein.
Oftmals werden Ansprüche auch nicht weiterverfolgt, wenn der entsprechende Sachverhalt durch einen spezialisierten Rechtsanwalt dem Rechtinhaber bzw. dessen Rechtsanwälten mitgeteilt werden. Unsere Erfahrung ist, dass es sich in geeigneten Fällen durchaus lohnt gegen die Abmahnungen vorzugehen. Teilweise müssen die durch eine unberechtigte Abmahnung entstandenen eigenen Rechtsanwaltskosten dann vom Abmahnenden erstattet werden.
Alexander Ermel
-Rechtsanwalt
-Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
-Fachanwalt für Versicherungsrecht
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